Weinlandschaft Geigersberg
Klimawandel bedeutet, dass in der Land- und Weinwirtschaft vieles überdacht werden muss. Sind beispielsweise große Monokulturen sinnvoll, die anfällig für Schädlinge und Krankheiten sind und der heimischen Tier- und Pflanzenwelt keinen Platz bieten.
In Württemberg hat man einen Weinberg neu gedacht. Der Ort des Geschehens liegt im Kirbachtal westlich von Heilbronn. Man befindet sich hier in der Großlage Stromberg. Der Geigersberg oberhalb des Sachsenberger Stadtteils Ochsenbach war bis in die Neunziger Jahre dem Verfall preisgegeben, da viele Flächen brach lagen. Seit 1996 wurde er durch ein Flurneuordnungsverfahren zu neuem Leben erweckt. Was bürokratisch klingt, heißt in der Praxis: Natursteintrockenmauern wie in alten Zeiten wurden kunstvoll neu angelegt und Belange des Naturschutzes berücksichtigt. Denn die zentrale Frage ist: Wie lassen sich Ökologie und Wirtschaftlichkeit optimal miteinander verbinden? Auf einem knapp zwei Kilometer langen Rundweg zwischen Streuobstwiesen, Feuchtgebieten, Weinterrassen und Wald stehen seit dem Jahr 2000 30 Informationstafeln bereit. Hier erfahren die Besucherinnen und Besucher, dass und warum dieser Weinberg einzigartig ist, anders als die meisten anderen. Das geht ganz ohne erhobenen Zeigefinger, vielmehr lösen die vielen Beispiele erfolgreichen Natur- und Artenschutzes Begeisterung aus! Das positive Echo bei den angebotenen Erlebnisführungen und Weinverkostungen ist immer überwältigend.
Ein gezeigter Aspekt ist auch der Übergang zu anderen Rebsorten, den man im Sortengarten beschauen kann. Wuchs früher Lemberger, hat man nun die mediterrane Sorte Grenache im Anbau. Dies ist vielleicht auch der französischen Partnergemeinde von Sachsenheim, Valréas im Rhônetal, zu danken. Der Geigersberg liegt klimatisch gut abgeschirmt. Das ist für die Reben günstig. Ein Ochsenbacher Erzeuger bewirtschaftet die Reben im Geigersberg sehr naturnah und setzt zur Weinbereitung traditionelle Verfahren ein, die auch den Einsatz der spontanen Vergärung durch die Naturhefen einschließt. Die Hefen stammen aus dem Weinberg. Den Weinen wird zum Reifen viel Zeit gelassen, auf Schönungsprozesse kann daher verzichtet werden. So wird Terroir erfahrbar. Dass die resultierenden Weine oft ausgezeichnet werden, spricht für diesen Ansatz. Im Grunde ist der Geigersberg, so zukunftsweisend er ist, ein Rückgriff auf eine Landschaftspflege, die es früher bereits gab. Sie war kleinräumiger und ließ mehr Vielfalt zu. Als Abschluss eines Rundgangs bietet sich auf der Spitze des Geigerberges der herrliche Blick vom „Wengertschützenhäusle“ weit über das Neckarland an. Man kann dabei überlegen, dass auch kleine Schritte beim Weg aus dem Klimawandel von Bedeutung sind. Man muss sie nur machen.